Enduroparadies Vogesen
Oder warum kommen so viele gute Mountainbiker aus Frankreich?
Anfang Juni ging es in kleiner Gruppe für ein verlängertes Wochenende in die Vogesen um die dortigen Trails mit dem Mountainbike zu erkunden. Chrystoph hatte bei Benjamin, Oliver und Michael mit den ersten Tourenideen für Vorfreude, aber auch ein wenig Bedenken, gesorgt. Plus 2000hm müssen es dann vielleicht doch nicht unbedingt an einem Tag sein. Für manche war es nach 10 Jahren Abstinenz dann sogar ein DAV Vogesen-Revival, für die anderen komplettes Neuland.
Wo ist der Feuerlöscher?
Los ging es aber erst einmal mit Mountainbike-Tetris in Etappen. Wie passen die vier Bikes und Gepäck den am besten an und in den kultigen gelben VW-Bus. Kurz nach dem Bike und Biker Nummer 3 verstaut waren, brach helle Aufregung aus. Der O-Ton kann an dieser Stelle nicht wieder gegeben werden, der Ausruf ging aber grob in die Richtung: Verdammt, mein Bus brennt! Beim Nothalt auf der Bundesstraße kam dann zum Glück schnell die Entwarnung, es war nur ein Stecker an der zweiten Kühlbox durchgeschmort und die Fahrt konnte nach kurzem Lüften und dem ziehen einer Sicherung ohne weitere Zwischenfälle fortgesetzt werden. Der schnell hervor gerissene Feuerlöscher konnte also wieder unter dem Beifahrersitz verstaut werden. Durch den ungeplanten Zwischenhalt ging es dann aber erst nach Mittag los mit der ersten Tour. Eine entspannte Auffahrt bei angenehmen Temperaturen war genau das Richtige für den Einstieg. Der erste Trail entpuppte sich dann als eine sehr spaßig angelegte Angelegenheit mit vielen Anliegern, war aber auch recht staubig und ruppig. Ein breites Grinsen stand trotzdem jedem im Gesicht, als am Brunnen im Tal die Flaschen für die zweite Auffahrt aufgefüllt wurden. Hier war am Ende das Ergebnis identisch, auch wenn die Abfahrt im Gegensatz deutlich flowiger war. Mehr als zufrieden ging es dann mit dem Bus Richtung Unterkunft. Der zu Hause schon vorbereitete Pizzateig war im Laufe des Tages im Bus auf jeden Fall gut aufgegangen, so das am Ende 7 Bleche durch den Ofen wanderten. Somit war gleich für den nächsten Tag Verpflegung gerichtet.
Wo geht’s lang?
An Tag zwei ging es direkt von der Ferienwohnung los. Ab in den Wald und über Forstwege nach oben. Die Orientierung ist hier nicht immer die Einfachste, da man durchaus mal an Wegkreuzungen mit fünf Abzweigen steht. Ohne große Probleme erreichten wir aber mit nur einer sehr steilen Schiebepassage, die selbst für Oliver nicht mehr fahrbar war, den Einstiegspunkt zur ersten Abfahrt. Hier standen wir vor der Herausforderung, ohne wirkliche Französischkenntnisse einer Wanderin den Weg zu erklären. Chrystoph meisterte aber auch diese Herausforderung. Für uns ging es dann erst einmal in eine abwechslungsreiche und unterhaltsame Abfahrt inklusive einiger technischer Schmankerl. Nach kurzer Rast mit Pizza vom Vortag ging es dann wieder nach oben. Erstmalig dann auch oberhalb die Baumgrenze, so das wir auch mal länger ein wenig Vogesenpanorama genießen konnten. Höchster Punkt war für uns eine gemütlich Alm, an der wir tatsächlich die Wanderin von der ersten Auffahrt trafen, sie hatte den Weg also gefunden. Für uns ging das nach einer extrem süßen Limo über sehr schnell fahrbare Trails wieder Richtung Tal. Auch hier hatte am Ende wieder jeder ein breites Lächeln im Gesicht. Auf eine dritte Auffahrt wurde dann aber doch verzichtet, da der ein oder andere Hintern zwickte bzw. noch ein paar Energiereserven für die nächsten Tage aufgespart werden wollten (Michael). Am Abend wurde wieder groß aufgekocht, beim unfreiwilligen übermäßigen Genuss der scharfen Soße hatte Oliver dann aber kurzfristig nach dem Feuerlöscher gerufen, ein großes Glas Milch konnte dann aber auch Abhilfe schaffen.
Wie lange halten die Hände?
Um ein wenig Abwechslung ins Programm zu bringen stand am nächsten Tag ein Besuch im Bikepark Lac Blanc auf der Agenda. Also Erholung für den Hintern, dank Lift, aber trotzdem ein mehr als ordentliches Sportprogramm für den restlichen Körper. Bei jeder Abfahrt gab es runter dann Herausforderungen und Spaßgarantien im Überfluss. Anliegerkurven, Bremswellen, Sprünge von groß bis klein, ruppige Steinfelder, unendliche Wurzelpassagen, North-Shore-Elemente und Skinnies, Bikerherz was willst du mehr? Eventuell mehr Kraftausdauer in den Händen und Unterarmen, den nach der x-ten Runde konnte sich keiner mehr von uns wirklich gut am Lenker festhalten. Da sich an einem Bike dann auch noch ein Satz Bremsebeläge über die Verschleißgrenze hinaus verabschiedet hatte, reizten wir die Betriebszeit des Lifts nicht maximal aus. Trotz zweier unfreiwilliger Bodenproben ging es somit ohne größere Blessuren oder Materialschäden zurück zur Unterkunft für ein weiteres abendliches Festmahl von Benjamin.
Warum sich Techniktraining lohnt!
Zum Abschluss stand dann am letzten Tag wieder eine klassische zweigeteilte Vogesen-Enduro-Tour auf dem Programm. Erste Auffahrt auf der Sonnenseite zum Aufwärmen, die nach ein paar hundert Höhenmetern in einen wunderbar technisch anspruchsvollen Trail überging. Immer mal wieder schön verblockt mit engen Kehren, damit auch jeder wunderbar zeigen konnte wie gut das mit dem Hinterradversetzen klappt. Beim zweiten Anstieg ging es auf der anderen Talseite nach oben, die Beine waren nicht mehr bei jedem taufrisch und auch der Weg selbst hatte nicht den rollwiderstandsfreundlichsten Untergrund. Weshalb immer mal wieder in den Wiegetritt gewechselt wurde, auch um den Hintern zu entlasten. Mit einigen Verschnaufpausen wurde aber dann auch hier die Alm erreicht um vor der letzten Abfahrt die Energiedepots aufzufüllen. Richtung Tal ging es dann erst gefühlt kilometerlang auf einem handtuchbreiten super schnell fahrbaren Trail bevor der zweite Trail zum Ende einen gänzliche anderen Charakter offenbarte und auf den letzten 200 Tiefenmetern unzählige Spitzkehren gemeistert werden durften. Das Endergebnis war das gleiche wie an den Tagen davor. Vier breit grinsende Biker die sich am Trailende begeistert abklatschten.
Eins ist klar, wir kommen wieder und bei den vielseitigen Trails ist es auch kein Wunder, dass so viele gute und schnelle Mountainbiker aus Frankreich kommen.
Autor: Michael Fieseler